Freitag, 17:00 Uhr. Das Wochenende ruft. Für viele Menschen bedeutet das pure Freiheit: kein Wecker, keine Mails, keine verpflichtenden Termine. Endlich Zeit für nur für mich – oder doch nicht?

Manche Menschen zählen die Stunden bis zum Wochenende, für andere ist der Samstagmorgen, vergleichbar mit Weihnachten oder Silvester, schwerer als jeder Montag. Zwischen einsamer Couch und entspanntem Kaffeehausbesuch, zwischen Frust und Freiheit liegen Welten.

Denn das, was sich wie pure Freiheit anfühlen sollte, kann für viele zur emotionalen Desaster werden.

Der Wochenend-Effekt: Wenn Freiheit glücklich macht

Dr. Richard Ryan, Psychologe an der Universität von Rochester, hat in einer vielzitierten Studie herausgefunden, dass Menschen am Wochenende glücklicher sind – unabhängig von Beruf, Einkommen oder Beziehung.​ (vgl. wissenschaft.de)

Warum? Weil sie autonomer handeln dürfen. Die Wissenschaft nennt das die Selbstbestimmungstheorie der Motivation. Sie basiert auf drei Grundbedürfnissen: Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit.​

Am Wochenende sind all drei leichter zu erfüllen: Wir

  • entscheiden selbst, was wir tun.
  • fühlen uns kompetent, weil wir Kontrolle haben.
  • pflegen soziale Bindungen, weil wir endlich Zeit füreinander finden.

Einfach gesagt: Das Wochenende gibt uns das Gefühl, wieder wir selbst zu sein, während wir oft unter der Woche in bestimmten Rollen und Zwängen gefangen sind.

Die Schattenseite der Freiheit: Der Wochenend-Blues

Aber: Freiheit ist nicht immer Erleichterung. Für manche ist sie Überforderung. Psychologe und Sozialphilosoph Erich Fromm schrieb bereits 1941 in „Die Furcht vor der Freiheit“, dass Menschen, sobald sie ohne äußere Struktur sind, oft in Angst verfallen. Denn Freiheit bedeutet, Entscheidungen treffen zu müssen – und Verantwortung für sie zu tragen.

Unter der Woche schützt uns der Alltag: Termine, Pflichten, Arbeit. Eine Struktur, die hält, auch wenn sie stresst. Am Wochenende fällt dieser Rahmen weg – und mit ihm der äußere Halt. Wir haben keine Ausrede mehr für unser Unglück. Der nervende Kollege, der Chef, der so viele Überstunden aufbrummt, dass keine Zeit für Freunde oder Sport bleibt, das frühe Aufstehen, das unserem eigenen Biorythmus widerspricht. All das fällt am Wochenende weg. Wir sind frei…

Für Menschen, die sich innerlich leer fühlen oder antriebslos sind, wirkt das Wochenende daher oft wie ein Spiegel. Es zeigt ihnen, was sie im Alltag erfolgreich verdrängen: Einsamkeit, Sinnlosigkeit, Überforderung und fehlende Begeisterung, Struktur und Ziele im privaten Bereich. Einfach „in den Tag hineinleben“ wird zur Qual. Denn wo der Alltag mit Termindruck betäubt, wird Stille, die alles hochkommen lässt, plötzlich unerträglich.

Warum das Wochenende für manche schwer ist und innere Leere verstärkt

1. Einsamkeit in der Auszeit

Einsamkeit ist ein trauriges Phänomen unserer Zeit und sie trifft nicht nur ältere Menschen. Auch junge, erfolgreiche und sehr umtriebige Menschen spüren sie. Viele scheinbare Freundschaften sind eigentlich berufliche Zweckgemeinschaften und keine nährenden und tief gehenden Beziehungen.

Einsamkeit kann körperlich und psychisch schmerzhaft sein und das Risiko für verschiedene Erkrankungen erhöhen. Chronische Einsamkeit führt zu erhöhtem Stress, beeinflusst das Immunsystem und das Hormonsystem, was zu psychischen Problemen wie Depressionen und körperlichen Beschwerden wie Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Schmerzen und einem geschwächten Immunsystem führen kann. Der Schmerz der Einsamkeit ist real und kann die gleichen Gehirnareale aktivieren wie physischer Schmerz. (Vgl. Hirnstiftung.org)

2. Der Versuch sich mit anderen zu vergleichen und alles perfekt zu machen

Diesen Punkt kannte ich einige Zeit sehr gut. Samstag Morgen, alles friedlich in mir, Handy an und meinen Instagram-Account checken. Plötzlich zieht sich alles in mir zusammen, denn Instagram zeigt perfekt inszenierte Brunchs, Ausflüge, Sonnenuntergänge mit verliebten Pärchen. Und ich? Ich sitze zuhause und habe noch keine Ahnung, was das Wochenende bringen wird. Schon fühle ich, wie Stress in mir hochsteigt.

Wer am Wochenende alleine zuhause sitzt, bekommt oft das Gefühl, etwas falsch zu machen. Eben noch recht entspannt, löst der Blick in die sozialen Medien, mit all diesen perfekten und rundum glücklichen Menschen, massiven Stress aus. Am Wochenende sind alle unterwegs und glücklich – scheinbar.

Verstärkend wirkt die Diskrepanz zwischen Schein und Sein. Denn was wir da sehen ist nicht die Wahrheit. Die sozialen Medien zeigen das perfekte Leben und Nähe, wo oft Unfrieden oder Distanz herrschen. Viele Menschen verfallen in den Vergleichsmodus. Glauben auf der anderen Seite ist das Gras grüner, das Leben leichter, alles perfekt. Es erfordert viel Achtsamkeit um nicht in diese Falle zu tappen.

3. Gesellschaftlicher Druck: Du musst immer produktiv sein, auch am Wochenende

Wir leben in einer Gesellschaft, die Selbstoptimierung liebt. Selbst Freizeit muss produktiv sein. „Mach das Beste aus deinem Wochenende!“ – aber was, wenn das Beste ein gemütlicher Spaziergang durch die Weinberge ist oder einfach gar nichts?

Wer nichts leistet ist nichts wert. Das mindeste ist eine lange Wanderung, ausgedehnte Trainings im Fitnessstudio oder Fortbildungen, um den eigenen Wert zu steigern. Damit entsteht ein neuer Druck: nicht nur erfolgreich zu arbeiten, sondern auch erfolgreich zu entspannen.

Das Ergebnis ist paradox: Die Zeit in der wir Regenerieren und Energie auftanken können, wird zur Produktivitätsfalle und erzeugt zusätzlich Stress. Wir verpassen die eigentliche Qualität unseres Wochenendes: Raum für Freiheit ohne Leistungsdruck.

4. Abschalten funktioniert nicht: Wenn die Alltagssorgen auch vor dem Wochenende nicht Halt machen

Der Weekend-Blues ist mehr als nur eine schlechte Laune am Wochenende – er ist eine tiefgehende, psychische Herausforderung, die vielen unangenehm vertraut ist. Stell dir vor, du hast endlich frei. Kein Wecker dröhnt, keine verpflichtenden Termine stehen an, keine ToDo-Liste. Doch dein Kopf bleibt aktiv, rastlos, unruhig. Deine Gedanken drehen sich im Kreis. Du kannst nicht abschalten, weil dein Geist entweder in der vergangen, oder schon in der nächsten Woche festhängt, mit all den Aufgaben, den Sorgen und dem Druck, die da kommen werden.

Du fühlst dich vielleicht so, als ob du das Wochenende eigentlich genießen solltest, aber es gelingt nicht. Die Leichtigkeit, die nicht kommt. Die Ruhe, die kaum auszuhalten ist. Stattdessen zieht es dich hinunter in ein tiefes, schwarzes Loch. Dein Energielevel fällt und der Druck wird immer größer. Es ist, als ob dein Kopf dir all das vorhält, was noch gelöst werden will. „Ich hab noch so viel zu tun, ich kann mich nicht einfach erholen.

Dieser Zustand macht müde und trotzdem schläfst du schlecht. Du bist körperlich erschöpft, aber im Inneren angespannt und getrieben. Genau das ist der Weekend-Blues: Ein innerer Konflikt zwischen dem Wunsch nach Entspannung und der Angst, nicht produktiv zu sein, die Kontrolle zu verlieren oder Zeit zu verschwenden.

Für viele, die darunter leiden, ist das Wochenende deshalb keine Zeit der Erholung, sondern eine innere Zerreißprobe. Wenn du dich darin wiedererkennst, bist du nicht allein und schon das Erkennen dieses Phänomens ist der erste Schritt, dich davon zu befreien. Denn Erholung beginnt im Kopf, und zwar indem du anerkennst, dass es okay ist, nicht immer produktiv zu sein, und dass mentale Freiheit genauso wichtig ist wie körperliche.

5. Freiheit ohne Richtung und Begeisterung

Freiheit ist nur dann befreiend, wenn wir Begeisterung in uns tragen, einen inneren Kompass haben. Ohne „Ziel“ wird sie zum Vakuum. Menschen, die ihren inneren Antrieb verloren haben, die keine Begeisterung verspüren, erleben das Wochenende als ein großes, leeres, weißes Blatt Papier, das bemalt werden möchte. Die Frage „Was will ICH wirklich?“ steht im Raum – doch du hast darauf im Moment keine Antwort.

Das erzeugt Druck. Wofür du nicht brennst, erzeugt keine Leichtigkeit oder Lebensfreude. Denn nun wird aus Freizeit „Ich sollte…

  • mal wieder joggen gehen.“

  • was erleben.“
  • Freunde treffen.“

Jedes „sollte“ macht das Wochenende schwerer.

6. Stille öffnet den Raum für unsere unverarbeiteten Themen

In der Stille des Wochenendes melden sich Gedanken, die unter der Woche keine Chance haben. Alte Verletzungen, aufgeschobene Entscheidungen, verdrängte Sehnsüchte. Wenn wir in Bewegung sind, merken wir sie nicht. Wenn es still wird, kommt all das hoch, was wir sonst -bewusst oder unbewusst – versuchen zu verdrängen.

Viele Menschen lenken sich dann ab: Serien, Social Media, Alkohol, To-do-Listen, Nikotin, andere Drogen. Aber diese Flucht beruhigt nicht, sie vernebelt und vergrößert die Distanz zu sich selbst.

Innere Leere am Wochenende: Deine Chance hinzuschauen und etwas zu verändern

Innere Leere ist das Gefühl emotional abgeschnitten zu sein. Sie entsteht, wenn die Verbindung zu sich selbst und den eigenen Bedürfnissen verloren gegangen ist. Der Alltag überlagert diese Stimme oft „erfolgreich“ – bis zum Wochenende. Dann steht sie plötzlich im Raum und verlangt gehört zu werden. All das, was du bewusst oder unbewusst verdrängst, kommt an die Oberfläche. Und das ist gut so…

Diese Leere ist dein Weckruf, dein Schutz, damit du nicht weitermachst wie bisher. Es ist Signal deiner Seele, dass etwas in deinem Leben zu kurz kommt: Verbindung, Sinn, Lebendigkeit, Begeisterung.

Lies hierzu auch den Beitrag über Innere Leere.

Anstatt diese Leere als Schwäche abzuwerten, könnten wir sie als Einladung sehen – zu mehr Bewusstsein, zu echter Selbstfürsorge und dazu hinzuhören, was sie uns sagen will. Das bewahrt uns vor weiteren physischen oder psychischen Symptomen, denn deine Seele möchte gehört werden und dafür tut sie alles…

Deine Seele braucht nicht nur struktur, sie wünscht sich Sinn

Der feine, aber entscheidende Unterschied zwischen echter Entspannung und an dir nagender Leere lässt sich in einem einzigen Wort zusammenfassen: Sinn.

Unsere Seele sehnt sich nach mehr als nur Freizeit. Sie wünscht sich Erfüllung und Begeisterung, um wirklich aufzutanken und zu regenerieren. Im Job geben uns klare Aufgaben, Routinen und Rückmeldungen Halt und Orientierung. Diese äußeren Strukturen formen einen Rahmen, in dem wir Sicherheit und Wertigkeit spüren können.

Wenn aber das Wochenende kommt und all diese Stützpfeiler wegfallen, fühlt sich die Freiheit plötzlich leer an und wir verlieren den festen Boden unter den Füßen. Kein Plan, kein Feedback, keine Richtung – nur eine große, offene Fläche, in der wir uns schnell verloren fühlen.

Doch genau hier liegt die Chance: Das Wochenende nicht als Pause von der Arbeit zu sehen, sondern als andere Art von Zeit – mit ihrem eigenen Rhythmus, ihrer eigenen Aufmerksamkeit und vor allem ihrem eigenen Wert.

Du darfst dir erlauben, diese Zeit neu zu gestalten und offen zu sein, für das was kommt. Nicht mit Druck, sondern mit liebevoller Achtsamkeit. Denn Sinn entsteht nicht nur durch Aufgaben, sondern auch durch bewusste Pausen, Begegnungen – damit sind auch Begegnungen mit dir selbst gemeint – und Momente, die dein Herz berühren.

So wird das Wochenende zu einem Raum, der dich nährt und dir neu Kraft schenkt.

Wege aus der Leere Am Wochenende: Fünf Impulse

Es ist immer schwierig allgemeine Ratschläge zu geben, ohne auf die jeweiligen Themen und Bedürfnisse einzugehen. Hier einige Punkte, die mir selbst geholfen haben, als ich in einer emotionalen Krise festgesteckt bin. Überprüfe bitte ganz genau, was sich für dich stimmig anfühlt, und womit du nicht in Resonanz gehst. Das unterstützt dich auch dabei, wieder in Kontakt mit deiner weisen inneren Stimme zu kommen und dieser zu folgen.

Wenn du also spürst, dass das Wochenende dich mehr erschöpft als stärkt, versuche Folgendes:

1. Schaffe liebevolle Struktur und Routinen

Wenn du dich innerlich leer fühlst, hilft es, deiner Freiheit einen sanften Rahmen zu geben. Nicht als Zwang, sondern als Orientierung. Plane kleine Rituale, die dir Halt geben – Frühstück in deinem Lieblingskaffee, ein Spaziergang in der Natur, Journaling. Wiederholung bringt Sicherheit und schafft heilsame Routinen.

2. Versuche nicht das „perfekte“ Wochenende zu erleben

Ersetze „Ich muss etwas aus meinem Wochenende machen“ durch „Ich darf mich spüren“. Das nimmt Druck raus und lädt dich ein, ehrlich zu sein mit dem, was du wahrnimmst und was du brauchst. Perfekt gibt es nicht.

3. Pflege echte Verbindung

Nicht mehr Kontakte, sondern echte Kontakte. Rufe Menschen an, mit denen du wirklich sprichst – nicht performst. Menschen, bei denen du du selbst sein kannst. Tiefe statt Reichweite. Gibt es keine Menschen, die dir hier einfallen, kannst du auf „Freizeitplattformen“ nach Gleichgesinnten suchen.

4. Lass Raum für Leere

Statt sie zu bekämpfen, begegne ihr. Setz dich hin, ohne Ablenkung. Frag dich: Was zeigt sich gerade in mir, das sonst keinen Platz hat? In der Stille erhalten wir ehrliche Antworten, wenn wir mutig sind und uns darauf einlassen.

5. Such dir Unterstützung, wenn es nicht besser wird

Wenn das Wochenende regelmäßig schwer, leer oder angstvoll wird, ist das kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Hinweis auf Erschöpfung. Therapie, Mentoring oder Selbsterfahrung können helfen, die Ursachen zu verstehen – und dich zurück ins Leben zu holen.

Q&A – Häufige Fragen zur Inneren Leere am Wochenende

Warum fühle ich mich gerade am Wochenende so leer?

Weil du dann auf dich selbst triffst. Ohne Ablenkung kommen Bedürfnisse und Gefühle hoch, die im Alltag untergehen. Das ist kein Versagen, sondern ein Zeichen innerer Ehrlichkeit.

Ist es normal, sich am Wochenende einsam zu fühlen?

Ja. Besonders, wenn soziale Kontakte im Alltag funktional (Arbeitsbeziehungen) und nicht emotional sind. Der Kontrast wird am Wochenende sichtbarer.

Wie kann ich mit dieser Leere umgehen, ohne sie zu betäuben?

Indem du sie als Botschaft verstehst, statt als Feind. Schreib auf, was du fühlst. Geh raus. Sprich darüber. Das Bewusstsein allein löst oft schon Anspannung.

Ich will lieber arbeiten statt frei haben – ist das falsch?

Nein. Arbeit gibt Struktur und ein Gefühl von Sinn. Aber wenn du niemals Ruhe aushältst, ist das ein Zeichen, dass du Stille vermeidest. Das hat eine Grund und lohnt sich zu erforschen.

Was hilft sofort, wenn die Leere kommt?

Atemübungen. Bewegung. Frische Luft. Ein Gespräch mit jemandem, der dich versteht. Alles, was dich zurück in den Körper bringt, fängt dich auf. In meinem Buch Unf*ckwithable – Dein Weg zum Glück erkläre ich solche Methoden Schritt für Schritt.

Fazit: Die Kunst, Dich am Wochenende selbst zu finden

Das Wochenende ist kein Versprechen für jede Menge Spaß oder Entspannung. Es ist ein Spiegel. Es zeigt, wie stark deine Verbindung zu dir selbst ist.

Dr. Ryan hatte recht: Wenn wir frei sind, blühen wir auf. Aber nur, wenn wir wissen, wie wir die Freiheit nutzen wollen. Wenn diese Verbindung verloren geht, kippt Freiheit schnell in Überforderung.

Die gute Nachricht: Du kannst sie wiederfinden.

Vielleicht ist genau das der wahre Sinn des Wochenendes: nicht zu entkommen, sondern zurückzukehren – zu dir.

Deine Gesundheit liegt in deinen Händen. Und sie beginnt genau jetzt.

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